Klinik

Der strategische Prozessbereich

Der strategische Prozessbereich ist die zweite Ebene der Unternehmensorganisation. Zu einem strategischen Prozessbereich gehören immer mehrere operative Einheiten. Für diese operativen Einheiten hat der Prozessbereich die strategische Gesamtverantwortung. Der Leitung eines strategischen Geschäftsbereiches obliegen folgende Führungsprozesse:

  1. Sie legt unter Berücksichtigung der Gesamtstrategie des Unternehmens und in Übereinstimmung mit der Unternehmensführung die Strategie und die Arbeitsbereiche der operativen Prozesseinheiten mit den Leitungen derselben fest.
  2. Sie klärt mit den Leitungen der operativen Prozesseinheiten die sachlichen und personellen Ressourcen, die die jeweilige Einheit benötigt und stellt sie zur Verfügung.
  3. Sie hat die volle Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit der operativen Prozesseinheiten und kann dementsprechend auf alle betriebswirtschaftlichen Informationen, die sie dafür benötigt, zurückgreifen. Die jeweilige wirtschaftliche Situation der einzelnen operativen Prozesseinheit stimmt sie gemeinsam und im gegenseitigen Einvernehmen mit der Leitung dieser Einheit ab.
  4. Ihr obliegt die Personalverwaltung der operativen Einheiten und sie muss Einstellungen und Entlassungen bewirken bzw. letzteren zustimmen. Sie entwickelt mit den Leitungen der operativen Einheiten ein Konzept der Personalentwicklung für den strategischen Bereich.
  5. Sie steht den Leitungen der Prozesseinheiten in Krisen bei und unterstützt sie mit Ressourcen aus dem Prozessbereich.
  6. Sie hat die Gesamtverantwortung für die Durchsetzung der Unternehmenskultur in dem Bereich und stimmt sich hier eng mit den Leitungen der Prozesseinheiten ab und entwickelt Konzepte zur Implementierung.
  7. Sie ist für das gesamte Qualitätsmanagement in seinem Bereich verantwortlich und stimmt dasselbe mit den Leitungen der Prozesseinheiten ab und entwickelt Konzepte zur Implementierung.

Strategischer Prozessbereich
Die innere Struktur eines strategischen Geschäftsbereiches muss, um diese Führungsprozesse bewältigen zu können, selbst mit verschiedenen Fachkräften der einzelnen Bereiche besetzt sein. Diese sind als Stabsstellen der Leitung zugeordnet und arbeiten der Leitung zu. Stabsstellen haben keine unmittelbare Weisungsbefugnis gegenüber den Leitungen der Prozesseinheiten und deren Mitarbeitern. Sie arbeiten der Leitung zu und versorgen sie mit wichtigen Informationen bzw. bearbeiten spezielle Aufgaben.

Strategischer Prozessbereich – innere Struktur

In der hier vorgeschlagenen Organisationsstruktur sind der Leitung strategischer Prozessbereich sechs Stabsstellen zugeordnet, von denen drei wiederum eng mit der Ebene der Geschäftsführung verbunden sind. Dies sind die Stabsstellen:

  • -Strategische Planung
  • -Controlling und wirtschaftliche Führung
  • -Personalverwaltung und Entwicklung
    Die Stabsstellen liefern der Leitung alle nötigen Informationen, damit diese ihre Leitungsfunktion vollumfänglich, selbständig und eigenverantwortlich wahrnehmen kann. Die Leitung hat hier wie alle anderen auch die komplette Prozessverantwortung in ihrem Bereich.
    Wie groß eine Stabsstelle in ihrer personellen Besetzung ist, hängt von der Größe und dem Zweck des Unternehmens ab.
  1. Die Zweckbestimmung im Krankenhaus

Die gesellschaftliche Zweckbestimmung von Kliniken könnte man darin sehen, Krankheiten zu diagnostizieren und zu therapieren und Schmerzen zu lindern, verbunden mit einer umfassenden pflegerischen Versorgung.
Die unternehmerische Zweckbestimmung der einzelnen Klinik erfolgt in der Regel aufgrund ihrer spezifischen Ausrichtung bzw. Spezialisierung. Dabei reicht es nicht mehr, darauf hinzuweisen, dass man beispielsweise über eine innere oder chirurgische Abteilung verfügt. Vielmehr müssen die einzelnen Abteilungen besondere Spezialisierungen nachweisen, welche sich in spezifisch komplexen Behandlungen – meist Operationen – verbunden mit hohen Fallzahlen, niederschlagen.
Hinzu kommt oft die Anbindung an eine Region als Versorgungsinstitution, wobei hier der Staat die Rahmenbedingungen setzt. Auch bei Kliniken ist die religiöse Anbindung an eine Religionsgemeinschaft ein unterscheidender Faktor. Eine Diskussion über das eigene Selbstverständnis ist in vielen Kliniken überfällig.
Leider wird diese Zweckbestimmung, die eine grundsätzliche gesellschaftliche und auch ethische Aufgabe definiert, durch die ökonomischen Rahmenbedingungen und Anreizsysteme subtil täglich für die Mitarbeitenden in Frage gestellt. Erleben Sie doch ein Refinanzierungssystem, welches nicht die Freiheit diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen zulässt, sondern einzelne Maßnahmen finanziell präferiert und andere finanziell benachteiligt. Dies widerspricht jedoch dem Selbstverständnis der handelnden Akteure und läuft dem Proprium pflegerischer und ärztlicher Tätigkeit zuwider. Dies kann man auch in der ambulanten und stationären Pflege beobachten, jedoch wird es in beiden Sektoren nicht so dramatisch wahrgenommen wie im Krankenhaussektor.
Die ökonomische Abbildung der klinischen Behandlung in DRG´s bringt Krankenhäuser regelmäßig in wirtschaftliche Existenznöte, weil sich Krankheiten in ihrem Aufwand nicht so abbilden lassen. Damit ist das Proprium der Arbeit des Unternehmens Klinik nachhaltig gefährdet.

2. Die Organisation eines Krankenhauses
Eine traditionell strukturierte Klinik ist von einer eigentümlichen Organisationsform geprägt. So gibt es in der klassischen Organisation drei Sparten, Pflege, Kliniken und kaufmännische Leitung. Diese drei Sparten agieren in der Organisation weitgehend selbständig voneinander.
Wären es drei Sparten in dem Sinne, dass es drei verschiedene Geschäftsbereiche sind, dann hätte man es mit einer typischen Spartenorganisation zu tun. Das eigentümliche ist jedoch, dass alle drei Sparten in einem Geschäftsbereich miteinander verwoben sind, organisatorisch jedoch getrennt sind.
Der medizinische Bereich ist in verschiedene Kliniken aufgeteilt, jeweils mit einem Chefarzt als Leitung und einem ärztlichen Direktor an der Spitze. Der pflegerische Bereich wird geleitet von der Pflegedirektion bzw. Pflegedienstleitung und ist dann in Stationen organisiert, jeweils mit einer Stationsleitung an der Spitze.
Dies führt dazu, dass Arbeitsprozesse am Patienten in der Organisation Krankenhaus ständig zwischen zwei Bereichen hin und her gehen, nämlich Pflege und medizinische Diagnostik und Therapie. Beiden obliegt nicht die wirtschaftliche Verantwortung, so dass diese von dritter Seite ebenfalls eingreift und mitsteuert.
Hier kommt der Verwaltungsdirektor ins Spiel, dem die ganzen kaufmännischen und organisatorischen Abteilungen unterstellt sind. Er verhandelt, was investiert wird, wie viel Personal eingestellt wird usw.
Entscheidungswege gehen so über viele Instanzen, Absprachen sind nicht bindend, oft kommt es zu Prozessen der Über- und Unterordnung zwischen Klinik und Station.
Das folgende Organigramm ist eine skizzenhafte Darstellung der klassischen Organisationsform, die freilich in der Realität viel komplexer ist.

In den meisten Klinken entstehen durch diese Spartenorganisation große Reibungsverluste. Dies gilt sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in Hinsicht auf die stringente Patientenbehandlung und auch in Hinsicht auf die Qualität der Abläufe insgesamt.
Das grundlegende Dilemma ist, dass es einen ärztlichen Bereich und einen pflegerischen Bereich gibt, die organisatorisch völlig getrennt voneinander strukturiert sind, aber gleichwohl täglich gemeinsam am Patienten arbeiten.
Hier muss eine zeitgemäße Krankenhausorganisation ansetzen. Dazu im folgenden ein paar Ideen, die sich konsequent an dem hier erarbeiteten Organisationsaufbau orientieren.
Die Stationen im Krankenhaus sind konsequent als operative Prozesseinheiten für bestimmte Krankheitsbilder und -verläufe zu organisieren. An deren Spitze steht eine gemeinsame Leitung aus Stationsleitung und einem leitenden Oberarzt. Beiden obliegt die gemeinsame Leitung der Prozesseinheit und beide übernehmen die Mitarbeiterführung im gemeinsamen Bereich.
Das heißt es gibt gemeinsame Sitzungen von Ärzten und Pflegepersonal. Es gibt einen gemeinsamen Dienstplan, der die medizinische und pflegerische Versorgung sicherstellt. Die operative Prozesseinheit besteht aus einem Team aus Pflegekräften und Ärzten und Therapeuten. Ebenfalls ist jedem operativen Prozessbereich ein Codierer zugeordnet, welcher die wirtschaftliche Abwicklung der Arbeitsprozesse übernimmt und im Blick hat.
Die Station als operative Prozesseinheit bedeutet auch, dass diese wirtschaftlich von ihren Leitungen zu steuern ist. Die seit 2020 beschlossene ökonomische Aufwertung der Pflege durch ein eigenes Budget kommt dieser Organisationsform entgegen. Stationsleitung und leitender Oberarzt verantworten gemeinsam die wirtschaftliche und fachliche Arbeit der operativen Prozesseinheit Station.
Eine Doppelspitze in einer Organisation hat immer den Nachteil einer erhöhten Abstimmungsproblematik der Akteure. Jedoch ist diese Form – wenn sie wie hier institutionalisiert werden soll – immer noch besser als der gegenwärtige Zustand. Möchte man eindeutigere Entscheidungswege einführen, dann könnte z.B. der Codierer oder ein anderer Mitarbeiter, der nicht aus einer der beiden Berufsgruppen Pflege und Ärzte gehört, die dritte Person in der Leitung sein, die immer dann aktiv wird, wenn Stationsleitung und leitender Oberarzt uneins sind. Ihr Votum wäre dann entscheidungsgebend und bindend.
Je nach Größe des Krankenhauses bilden zwei bis fünf operative Prozessbereiche eine Klinik. Diese Klinik wird als strategische Prozesseinheit geführt und ebenfalls von einer Doppelspitze geführt, nämlich dem leitenden Chefarzt auf der einen Seite und der Pflegedienstleitung auf der anderen Seite. Beide verantworten gemeinsam ihre strategische Prozessbereich und haben die organisatorische, personelle und wirtschaftliche Verantwortung für den Bereich.
Die zugeordneten Stabstellen können je nach Größe der Klinik mit je einer halben Stelle und mehr besetzt werden. Es ist eminent wichtig, dass die strategische Prozesseinheit wirklich als Einheit von der Doppelspitze geführt wird. Im Sinne der wirtschaftlichen Verantwortung der Einheit muss dieselbe ein positives Ergebnis generieren. Dazu braucht es eine wirtschaftliche Steuerung auf dieser Ebene, d.h. in diesem Falle ein Controlling, welches der Doppelspitze die nötigen Informationen an die Hand gibt und das seinerseits eng mit dem Controlling der Klinikleitung verbunden ist. Das Controlling wiederum könnte wie auf der Ebene der operativen Prozesseinheiten die dritte Person im Leitungsbereich stellen, deren Votum immer dann Bedeutung hat, wenn Pflegedienstleitung und leitender Chefarzt sich uneins sind.
Die Leitung des Krankenhauses wiederum obliegt dem Vorstand. Dieser setzt sich zusammen aus Geschäftsführer, ärztlicher Direktor und Pflegedirektor. Beide haben gegenüber dem Geschäftsführer eine beratende Funktion und können in kleineren Häusern identisch sein mit einem leitenden Chefarzt, bzw. einer Pflegedienstleitung.
Der Krankenhausleitung obliegt die strategische Ausrichtung des Krankenhauses, die wirtschaftliche und organisatorische Gesamtsteuerung, die Kontaktpflege zur relevanten Öffentlichkeit und die Wahrung der Interessen der Eigentümer, sofern diese Aufgabe nicht nochmal von einem Vorstand oberhalb der Krankenhausleitung wahrgenommen wird.
Die fachlichen Einheiten, wie Labor oder Röntgen oder MRT sind entweder einem strategischen Prozessbereich oder direkt der Krankenhausleitung zugeordnet.

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© Dr. Eckart Müller • marburger-management-konzept.de • Buch MMK • Marburger-Management-Konzept für Unternehmen im Gesundheitswesen

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